Land der GewohnheitTed Thompson

Land der GewohnheitTed Thompson

Die Überlegung von Anders ist nicht so ganz neu: Man geht frühzeitig in den Ruhestand, trennt sich von der Frau und sowieso wird alles nicht nur anders, sondern besser, richtiger werden. Doch, man kennt es aus mündlichen und schriftlichen Erzählungen, was folgt ist: Pustekuchen. Dabei hatte alles so verheißungsvoll angefangen, als man noch jung und unbeugsam war. Thompson erzählt von Anders, wie er wurde, was er ist, und warum dessen Leben jetzt ins Schlingern kommt. Und er erzählt von der Generation der Söhne – die es besser wissen sollte, aber anscheinend gibt es Fehler, die man eben einfach machen muss. Mit Glück geht es gut aus, aber immer wieder auch ganz und gar nicht.
Vergleiche mit Updike liegen auf der Hand. Alles relativ unspektakulär, aber doch originell erzählt. Eine Kritik, in der man auch mehr zum Inhalt erfährt, gab es in der „Zeit“: http://url9.de/W62

Der CircleDave Eggers

Der CircleDave Eggers

Über kaum ein Buch wurde so viel berichtet wie über dieses. Nicht unbedingt, weil es so brillant geschrieben oder die Charaktere so ausgefeilt angelegt worden wären, wahrlich nicht. Sondern weil es ein Roman ist, der sich erschreckend nahe an der (kurzfristigen) Realität bewegt. Darum geht es: Der „Circle“ ist ein sehr cooles Internetunternehmen, Traumarbeitgeber für alle, die Apple, Google, Twitter, Facebook etc. lieben. Mae hat dort einen Job ergattert. Und was folgt, ist das, was sich tatsächlich abzeichnet – nicht (nur) der Staat überwacht seine Bürger, das machen diese in ihren Unternehmen schon ganz allein… Das Reizvolle: Man guckt danach ein bisschen kritischer auf die tolle App, die man sich gerade heruntergeladen hat. Und fragt sich, wie transparent man wirklich sein will oder ob es wirklich notwendig ist, dass irgendjemand da draußen mitkriegt, dass man seine 10.000 Schritte täglich mal wieder (knapp!) nicht geschafft hat…

Der SohnJo Nesbo

Der SohnJo Nesbo

Die Bösen sind selten gut, aber die Guten eben manchmal auch böse – will uns das der Autor sagen? Vielleicht. Vielleicht wollte er aber auch einfach nur das tun, was er so formidabel kann: einen guten Krimi schreiben. Die Ära nach Harry Hole, der Kultfigur aus den früheren Büchern von Nesbo, hat begonnen. Und erstaunlicherweise stört das nicht sonderlich. Die Helden sind wieder gebrochen, das Ganze ist vielleicht etwas weniger grausam als früher, aber spannend, und worauf kommt es sonst an?, ist es nach wie vor. Sonny, der Sohn, bricht aus dem Gefängnis aus, um seinen Vater zu rächen. Dieser war einst Polizist, hat sich aber nach seinem Korruptionsgeständnis umgebracht. Sonny erfährt, dass die Geschichte wohl ganz anders gelaufen ist. Was folgt, ist extrem gut und im Krimisinne unterhaltsam zu lesen. Und wenn man daraus eine Lehre ziehen will, dann kann man das tun. Oder auch lassen. Und sich einfach schon mal auf den nächsten Krimi von Nesbo freuen, der es einfach versteht, gängige Zutaten zu einem überraschenden Gericht zu kombinieren.

Der erste SohnPhilipp Meyer

Der erste SohnPhilipp Meyer

Eli kommt an dem Tag auf die Welt, an dem der Staat Texas gegründet wird. Von dem Leben dieses „ersten Sohnes“ erzählt Philipp Meyer in einem von drei Handlungssträngen seines Generationen-Epos. Eli wird als Junge von Indianern verschleppt, lebt unter ihnen – und als er nach Jahren in die „weiße“ Gesellschaft zurückkehrt, bleibt ein Teil von ihm bei denen, die ihn geprägt haben. Doch Eli macht seinen Weg, wird Begründer einer der sagenhaften texanischen Öl-Dynastien. Einer seiner Nachkommen ist Robert, von ganz anderem Schlage als Eli. Grüblerisch und zweifelnd, wird er mit den Auseinandersetzungen von Mexikanern und Texanern konfrontiert und tut sich so unendlich schwer, sein eigenes Leben zu finden. Schließlich lesen wir von Jeanne Anne, die 2012 bereits eine alte Frau ist und ihr Leben der Aufgabe gewidmet hat, das Imperium ihres Urgroßvaters Eli McCullough zu bewahren. Das alles wird großartig erzählt; besonders sind dabei sicherlich die Szenen rund um den Komantschenstamm, durchaus drastisch, aber faszinierend, präzise und eindrücklich. Insgesamt ein fesselndes, verstörendes und erhellendes Buch. All die Preise für und Lobreden auf Meyer: zurecht.

Die 101 wichtigsten Fragen – Der Erste WeltkriegGerd Krumeich

Die 101 wichtigsten Fragen – Der Erste WeltkriegGerd Krumeich

Das Jahr der Jubiläen neigt sich langsam dem Ende zu. Eines davon war sicher der Beginn des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren. Wer es bis jetzt immer noch nicht geschafft hat (und wer hat das schon?), sich durch all die historischen Ziegelsteine und durchaus gut geschriebenen, aber eben auch zumeist boxerfaustdicken Bücher zu lesen, dem sei für den Endspurt dieses Taschenbuch ans Herz gelegt. Der Experte rollt in verschiedenen Rubriken das Geschehen auf, beleuchtet Punkte, die sonst auch mal zu kurz kommen und gibt Hintergrundinformationen. Hinterher ist man deutlich klüger – und versteht auch, was das „Besondere“ an diesem bis dahin größten Krieg der Menschheitsgeschichte war.

KrusoLutz Seiler

KrusoLutz Seiler

Ein anmutiger historischer Roman, der durch seine ausgewählte Sprache und die lebensnahe Handlung verzückt. Der Lyriker Lutz Seiler interpretiert Literatur als eine Kunstform und so besticht nicht nur der ungemein schön klingende Ton, auch der Text an sich ist reichhaltig an literarischen Anspielungen und Analogien. Ein zentrales Thema ist dabei die Frage nach einer möglichen (inneren) Freiheit in Zeiten politischer Unfreiheit, als auch die Debatte inwieweit durch Literatur überhaupt Widerstand geleistet werden kann. In diesen Diskurs flicht Seiler die sensibel geschilderte – 1989 auf Hiddensse einsetzende – Freundschaft der zwei Protagonisten Edgar Bendler und Alexander Krusowitsch ein.

Ob als Hörbuch von Fanz Dinda gelesen, oder in gebundener Form, es bleibt ein Genuss sich dem hinzugeben.

Eine Rezension von: Max

Von Männern, die keine Frauen habenHaruki Murakami

Von Männern, die keine Frauen habenHaruki Murakami

Der japanische Autor Murakami präsentiert uns in seinem neuen Werk sieben Kurzgeschichten von Männern, die keine Frauen haben. Diese sind vom Autor rührend und stets voller Respekt für seine Figuren erzählt. Obwohl Murakamis narrative Mittel meine Anteilnahme an den beschriebenen Schicksalen hervorrufen, bleiben diese frei von Wehleidigkeit oder Sentimentalität. Er erweist sich einmal mehr als großer Menschenkenner, der präzise die aus der Beziehung von Mann und Frau resultierenden seelischen Dynamiken skizziert. Alltagsphilosophische Betrachtungen des Autors, sind von einer feinen Poesie ummantelt, was den Texten eine reinigende Musikalität verleiht. Für Fans ein Muss, für Einsteiger sieben anregende Erzählungen, die trotz ihrer Unaufdringlichkeit eine hohe Intensität entfalten und die Lust auf mehr Bücher des japanischen Ausnahmeautor wecken.

Eine Rezension von: Max

DrohnenlandTom Hillenbrand

DrohnenlandTom Hillenbrand

In diesem Jahr haben wir mal wieder alle gewählt, wohin die europäische Reise geht. Nun ja, nicht wirklich. Ein Szenario, das leider beängstigend realistisch erscheint, hat Tom Hillenbrand b/geschrieben: „Drohnenland“ ist ein Krimi, der in der Zukunft spielt und Europa als eine Union zeigt, die die Bürger mittels Menschen und vor allem Maschinen überwacht, in dem das Internet nicht Teil des Lebens ist, sondern lebensbestimmend, und in dem aber nach wie vor die alten Machtmechanismen und Begehrlichkeiten herrschen. Als ein Parlamentarier tot aufgefunden wird, beginnt für Kommissar Westerhuizen ein Fall, der alles in Frage stellt. Das Beste und Bedrohlichste am Buch: Man kann sich gut vorstellen, dass es genau so einmal wird. Spannend in jeder Hinsicht!

KindheitenJean-Jacques Sempé

KindheitenJean-Jacques Sempé

In einer Zeit, in der die „Tagesthemen“ über ein amerikanisches SM-Geschichtchen berichten, gibt es Bücher, die nicht auf den Unterleib, sondern auf das Herz zielen. Und treffen. Vielleicht liegt es ja auch am eigenen Alter, aber: „Kindheiten“ von Jean-Jacques Sempé ist wunderbar. Nicht nur eitel Sonnenschein, wie der Titel vielleicht vermuten lässt. Doch irgendwie passt es zu einem Sommer, in dem man denkt: früher war das anders. Und dann stellt sich so ein sentimen-tales Gefühl ein. Bis man wieder grinsen muss. Ein Buch, das man in jeder Hinsicht gern hat. Auch noch im Winter. Gebundene Ausgabe, 39,90 €

Lebendig und begrabenJoseph Finder

Lebendig und begrabenJoseph Finder

Der Titel deutet an, worum es geht: Die Tochter eines Millionärs befindet sich nämlich in genau diesem Zustand… Der Papa ist mit Privatdetektiv Nick Heller befreundet und beauftragt diesen, seine Tochter zu finden. Die Forderungen der Entführer sind mysteriös und sowieso ist das irgendwas ganz faul! Ein skrupelloser Killer, das FBI, die obligatorische Liebesgeschichte sowie die russische Mafia sind mit von der Partie. Genau richtig, wenn man einfach nur einen guten Krimi verschlingen will. Leseprobe via Bestell-Link! Taschenbuch, 9,99 €

Weitlings SommerfrischeSten Nadolny

Weitlings SommerfrischeSten Nadolny

Der pensionierte Richter Wilhelm Weitling gerät während des Segelns auf dem Chiemsee in ein Unwetter. Er erinnert sich, so etwas schon einmal als Junge erlebt zu haben. Und dann… Plötzlich kann der alte Mann das Leben des 16-jährigen Willi, der er einmal war, quasi von außen verfolgen. Klingt komplizierter und konstruierter, als es ist.Erinnern, Glaube, Entscheidungen, Liebe – und der Zufall, das Leben zu führen, das man dann tatsächlich führt, sind die Themen, um die es im Wesentlichen (buchstäblich) geht.Tatsächlich ist „Weitlings Sommerfrische“ ein Roman, bei dem man in etwas altmodische Begriffe gerät. Denn man liest dieses Buch mit wahrhaft mit „großem Vergnügen“, und das klingt in der Tat so 50er-mäßig wie die Zeit, in der es spielt. Aber so ist es nun einmal. Und man merkt: „großes Vergnügen“ ist etwas sehr Positives. Und auch dass einem der Begriff „gütig“ einfällt, ist in diesem Fall ein Kompliment. Gebunden, 16,99 €.

IrrfahrtToine Heijmans

IrrfahrtToine Heijmans

Ein Vater segelt mit seiner 7-jährigen Tochter von Dänemark nach Holland. Er ist glücklich darüber, alles ist gut. Selbstverständlich nicht. Sonst müsste man die Geschichte nicht erzählen. Aber was genau los ist, kann hier nicht einmal angedeutet werden. Als Leser schwimmt man selbst ein wenig mit. Beziehungs-weise lässt sich von den Nordseewellen treiben. Und die können ganz schön tückisch sein. Ein Buch übers Segeln, über Väter und Kinder, über Träume und Realitäten. Gebunden, 18,- €

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