Jonathan Safran Foer: Hier bin ich

Der blödeste Vorwurf, den die Kritiker dem neuen Roman von Foer machen: Die Dialoge sind zu unglaubwürdig, zu gezirkelt. Natürlich sind sie das! Zum Glück sind sie das! Oder will jemand das langweilige Tchibo-Gelaber lesen, das uns den ganzen Tag in die Ohren geflutet wird (und das wir selbst absondern)? Darum greifen wir doch zu Büchern! Und weil Foer clever schreiben kann, macht er es eben auch. Richtig so. Aber so ist es dann wohl, wenn man zu erfolgreich, zu gut, die Biografie scheinbar zu glatt oder zu glamourös oder schlicht zu beneidenswert ist – die „Ich weiß es aber immer besser und ehrlich gesagt bin es auch, ich habe nur keine Zeit dazu“-Seele der Kritiker jault. (Im anderen Fall hätten sie natürlich geschrieben, das wäre alles zu flach, zu normal, da könne man sich ja auch mit dem Hausmeister unterhalten).Eine Ehe geht auseinander. Eine Familie nimmt Schaden, ein Land nimmt Schaden, und weil die Blochs Juden sind, hat das Ganze noch eine andere Dimension. Ein Vater wird in Zukunft nicht mehr der Vater sein können, der er bisher war, Ehemann sowieso nicht, er soll als Jude anders handeln, Enkel ist er plötzlich auch nicht mehr, der Hund muss eigentlich eingeschläfert werden und so weiter. Es werden viele wahre, traurige Dinge gesagt in diesem Buch, letztendlich geht es um die Frage, die sich Jacob stellt: Wer bin ich? Abgesehen eben von Vater, Sohn, Enkel, Autor, Jude, Hundebesitzer: Wer bin ich nur für mich? Und wenn der Titel lautet „Hier bin ich“, so könnte da auch noch die Unterzeile stehen „zumindest jetzt im Moment“, denn was Vergänglichkeit bedeutet und was übrig bleibt, darüber muss geschrieben. Selbstverständlich gibt es Sachen, die einen stören. Aber die nimmt man gerne in Kauf. Um sich immer wieder über die Dialoge und Gedanken und einen insgesamt so intelligenten Roman zu freuen, der ganz im Jetzt ist und viel mehr behandelt.

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