Sachbuch-Tipps zu Weihnachten
Friederike Sattler Herrhausen: Banker, Querdenker, Global Player
Er war geprägt von der Erziehung an einer NS-Eliteschule, verwurzelt im rheinischen Kapitalismus, vernetzt mit den Spitzen von Politik und Wirtschaft – und zugleich war Alfred Herrhausen seiner Zeit immer voraus. Seine Karriere als Quereinsteiger bei der Deutschen Bank schien unaufhaltsam, bis sie durch ein vermutlich von der RAF verübtes Attentat im November 1989 ein jähes Ende fand. In ihrer umfassenden Biographie zeigt Friederike Sattler, dass Herrhausen ein Visionär war, der immer auch die gesellschaftlichen Folgen seines Handelns mit bedachte und sich etwa für einen Schuldenerlass gegenüber der „Dritten Welt“ engagierte. Das Buch erkundet auch die Frage, inwiefern er mitverantwortlich war für die Probleme, mit denen die Deutsche Bank heute so schwer zu kämpfen hat.
Harald Jähner: Wolfszeit
Ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2019
Harald Jähners große Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit zeigt die Deutschen in ihrer ganzen Vielfalt: etwa den „Umerzieher“ Alfred Döblin, der das Vertrauen seiner Landsleute zu gewinnen suchte, oder Beate Uhse, die mit ihrem „Versandgeschäft für Ehehygiene“ alle Vorstellungen von Sittlichkeit infrage stellte; aber auch die namenlosen Schwarzmarkthändler, in den Taschen die mythisch aufgeladenen Lucky Strikes, oder die stilsicheren Hausfrauen am nicht weniger symbolhaften Nierentisch der anbrechenden Fünfziger. Das gesellschaftliche Panorama eines Jahrzehnts, das entscheidend war für die Deutschen und in vielem ganz anders, als wir oft glauben.
Wolfgang Joop: Die einzig mögliche Zeit
Aufgewachsen auf dem Bauernhof seiner Großeltern in Bornstedt bei Potsdam, verbringt Wolfgang Joop die ersten acht Lebensjahre dort. Der große Garten und der nur wenige Schritte entfernte Park Sanssoucis waren in der Vorstellung des Kindes sein Reich. Er erzählt von Familienfesten, die aus dem Ruder laufen, von seiner lebenshungrigen Mutter, seiner ersten Liebe – die Potsdamer Pfarrerstochter -, der bleiernen Zeit nach dem Umzug nach Braunschweig. Wir erfahren von seiner Einsamkeit, davon, wie er im Internat mit selbstgezeichneten Pin-up-Girls erstes Geld verdiente, von seiner Zeit an der Kunsthochschule Braunschweig und den ersten Erfolgen als Designer. Wie ist er zu dem geworden, der er heute ist? Zugleich ein eindrückliches Porträt der 50er und 60er Jahre.
Michael Martens: Im Brand der Welten
„Für die epische Kraft, mit der er Motive und Schicksale aus der Geschichte seines Landes gestaltet“, wurde Ivo Andric 1961 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Michael Martens zeigt in seiner meisterlich geschriebenen Biografie einen außergewöhnlichen Lebensweg nach: Es führt von der Kindheit in Bosnien über das Attentat von Sarajevo 1914 bis zu Andrics Zeit als Diplomat des Königreichs Jugoslawien in Hitlers Berlin. Diesen bewegten Zeiten folgen Jahre im von den Deutschen okkupierten Belgrad, als Andric in völliger Zurückgezogenheit die großen Romane schreibt, die ihm Weltruhm einbringen werden – selten hat es ein bemerkenswerteres Dichterleben gegeben.
Jens Bisky: Berlin
Parvenü der Großstädte, Labor der Moderne, Symbol des zerrissenen 20. Jahrhunderts: In Berlin konzentriert sich nicht nur deutsche, sondern auch europäische Geschichte. Beides hat Jens Bisky im Blick, wenn er die Entwicklung der Stadt seit ihrem Aufstieg zur preußischen Residenz schildert. Berlin war äußerst wandlungsfähig und offen: für die verfolgten französischen Hugenotten und die Denker der Aufklärung unter Hohenzollernherrschaft; später als Metropole der Proletarier und Großindustriellen, der Künstler und Journalisten und als „Place to be“ der Goldenen Zwanziger. All das wird bei Bisky anschaulich erfahrbar, genauso aber auch die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und die spannungsgeladene Atmosphäre nach 1945, als sich hier die großen Machtblöcke gegenüberstehen.
Heide Sommer: Lassen Sie mich mal machen
Fünf Jahrzehnte als Sekretärin berühmter Männer. 16 Seiten mit zahlreichen vierfarbigen…
Schmidt, Gaus, Augstein, Raddatz, Zuckmayer – Heide Sommer erzählt von den unbekannten Seiten dieser berühmten Männer: »Im Rückblick auf das eigene Leben fragt man sich nicht, welche Menschen groß waren. Wichtig ist, dass man eine liebevolle Beziehung hatte, wie ich zu Augstein und Raddatz. Bei beiden habe ich durch gedankliche Osmose gespürt, was sie in ihrem Innersten bewegt und was sie ausbrüten. Welche Frau kann das schon über ihren Ehemann sagen?
Jonathan Safran Foer: Wir sind das Klima!
Jonathan Safran Foer schafft es erneut, uns ein komplexes Thema wie die Klimakrise so nahe zu bringen wie niemand sonst. Und das Beste: Einen Lösungsansatz liefert er gleich mit.
Der Klimawandel ist zu abstrakt, deshalb lässt er uns kalt. Foer erinnert an die Kraft und Notwendigkeit gemeinsamen Handelns und führt dazu anschaulich viele gelungene Beispiele an, die uns als Ansporn dienen sollen. Wir können die Welt nicht retten, ohne einem der größten CO2- und Methangas-Produzenten zu Leibe zu rücken, der Massentierhaltung. Foer zeigt einen Lösungsansatz auf, der niemandem viel abverlangt, aber extrem wirkungsvoll ist …
Bruno Preisendörfer: Als die Musik in Deutschland spielte
Wie die Familie Bach im Alltag lebte, Händel sich kurieren ließ und Telemann sein Geld anlegte: Bruno Preisendörfers Zeitreise führt in die Zeit der Fürstenfeste und Bauernhochzeiten, der Stadtpfeifer und Bierfiedler, der Kaffeehäuser und Kastraten – nämlich ins Barock. Es war erfüllt von der Musik tausender Hoforchester, Kirchenorgeln und Chöre, ob zur Unterhaltung des Adels, zu jedem Gottesdienst oder auf den Dorffesten der einfachen Leute. Und es wurde komponiert: Musik, die bis heute weltweit die Menschen beeindruckt und berührt. Bruno Preisendörfer nimmt uns mit in das Leben der Menschen im Barock, in die Zeit der großen Komponisten.
Wie wurden etwa Ehen angebahnt, wer durfte überhaupt wen heiraten und wie hielt man es mit der Kindererziehung? Auch die neuesten Moden und Erfindungen der Zeit kommen nicht zu kurz: Gebratene Singvögel zum Abendessen, Blumenzwiebeln als Spekulationsobjekte, Tabak für die Männer, Kaffee für die Frauen, Tanz, Bier und Schnupftabak für alle …