Romane zu Weihnachten
Mayr: Der Schlafwagendiener
Ein Buch, das eindeutig harmloser daherkommt als es ist. Denn die Geschichte von Baxter, der gerne Zahnmedizin studieren möchte und sich das Geld dazu dadurch verdienen muss, die Zugreisenden stets anzulächeln und ihnen dabei höflichst alle möglichen, mehr oder weniger plausiblen Wünsche zu erfüllen, dabei dem strengen Reglement des Wohlverhaltens unterstellt zu sein, aber auch immer wieder gegen die Müdigkeit anzukämpfen: das ist das eine. Das andere ist es, was man sonst noch über ihn und seine Zeit erfährt. Und das Dritte: Was passiert, wenn der Zug vor einer Schlammlawine stehen bleibt und die Stimmung sich verschärft.
Smith: Betrug
Gerade vom »New Yorker« zu einem der fünf besten Romane des Jahres gewählt worden! Und zur Abwechslung mal ein historischer Roman der Autorin, basierend auf einem realen Ereignis, in dessen Mittelpunkt eine Haushälterin, ein Literat und ein Hochstapler stehen. »Facettenreich und unterhaltsam« ist die Zusammenfassung der vielen positiven Kritiken.
Haas: Eigentum
super, super, super. Haas schreibt über Mutter, Leben, sich. Sehr komisch, sehr anrührend, sehr kurzweilig. Was diese Dreierei soll? Lesen, lesen, lesen!
Kubsova: Marschlande
Die eine lebt 1580, die andere heute. Beide im Hamburger Marschland. Die Jüngere begibt sich auf die Spur der Älteren. Und was dieser Frau widerfahren ist, das beschreibt Jarka Kubsova sehr, sehr lesenswert! Ehrlich gesagt ist der historische Strang fulminant, der aktuelle kommt einem schon bekannt vor. Dennoch eine absolute Empfehlung; nicht nur für Hamburger:innen.
Auster: Baumgartner
Zuerst denkt man vielleicht »Ach, ein alter Mann schreibt über einen alten Mann, da ahnt man doch, was kommt«. Und dann merkt man, dass dieses Buch ein bisschen anders ist. Und letztendlich ganz anders. Am Ende stellt man sich mindestens zwei Fragen. Und allein das ist schon bemerkenswert. Vor allem aber erinnert man sich immer wieder an das, was Auster da (be-)schreibt. Melancholisch, anrührend.
Kehlmann: Lichtspiel
Fulminanter Roman über den weitgehend in Vergessenheit geratenen Regisseur G. W. Pabst. Versuchte, in Amerika sein Glück zu machen, kehrte nach Österreich und Deutschland zurück, fand sich in den Verstrickungen des Dritten Reichs wieder und versuchte, irgendwie wieder einen Fuß auf die verrückte Erde zu kriegen. Kehlmann schneidet die Szenen ein bisschen wie ein Film, schreibt brillant (wie so oft) – dieses Buch ist einfach großartig!
Knöppler: Südfall
Ein eher stiller Roman, leichter Wellengang so zu sagen. Aber dennoch hinterlässt er Spuren – ein schöner Effekt eines Buches, oder? Die Geschichte spielt zu Zeiten des 2. Weltkriegs. Dave überlebt den Abschuss seines Fliegers über dem nordfriesischen Wattenmeer und entgeht nur knapp dem Ertrinken. Der britische Soldat könnte das Kriegsende in einem Versteck abwarten, doch er wagt die Flucht von Husum die Küste entlang nach Dänemark. Dabei trifft er auf den jungen, sensiblen Paul, der von sich selbst Härte verlangt, seine Tante Anna, die sich entschließt, Dave zu helfen, und Cecilie, ein schillerndes und doch verschlossenes Mädchen. Auf einem Boot nahe der dänischen Grenze entsteht ein Plan, wie Dave es bis nach England schaffen könnte.
Grimbert: Der Letzte seiner Art
1835: Der französische Zoologe Gus reist nach Island, um die Fauna des Nordatlantik zu studieren. Dort fischt er einen Riesenalk aus dem Meer und nimmt ihn mit nach Hause. Er nennt ihn Prosp – und zwischen dem neugierigen Forscher und dem anfänglich misstrauischen Vogel entsteht eine tiefe Freundschaft …
Sibylle Grimbert gelingt das Kunststück, von einem Tier zu erzählen, uns seine Intelligenz und seine Emotion spüren zu lassen, ohne in Anthropomorphismus oder Kitsch zu verfallen. Der Letzte seiner Art ist sowohl ein großartiger Natur- und Abenteuerroman als auch ein bewegender Kommentar zu einer der wichtigsten Debatten unserer Zeit.