Romane Frühjahr 22
Mareike Fallwickl: Die Wut, die bleibt
Familie, Abendbrot, Lockdown. Ein lapidarer Satz. Die Mutter Helene steht auf, geht auf den Balkon – und springt. Zurückbleiben Tochter Lola, zwei kleine Söhne, ihr Mann Johannes und ihre beste Freundin Sarah. Die, eigentlich erfolgreiche Autorin, übernimmt fortan die »Mutteraufgaben«. Und wird damit konfrontiert, was man so ganz selbstverständlich von Müttern, von Frauen erwartet. Die 15-jährige Lola sucht einen eigenen Weg für sich, heraus aus tradierten Machtstrukturen, hin zu einem selbstbewussten weiblichen Dasein. Klingt gender-theoretisch, ist aber eine unglaublich packende Geschichte, absolut relevant, perfekt, um darüber zu diskutieren – und mal ganz scharf nachzudenken. Unbedingt lesen!
Yasmina Reza: Serge
Die Geschwister Popper: Serge, verkrachtes Genie und homme à femmes, Jean, der Vermittler und Ich-Erzähler, und Nana, die verwöhnte Jüngste mit dem unpassenden spanischen Mann. Eine jüdische Familie. Nach dem Tod der Mutter entfremdet man sich immer mehr. Zu ihren Lebzeiten hat keiner die alte Frau nach der Shoah und ihren ungarischen Vorfahren gefragt. Jetzt schlägt Serges Tochter Joséphine einen Besuch in Auschwitz vor …
Stine Pilgaard: Meter pro Sekunde
Kühe, Windräder und die sonderbare Welt einer Internatsschule: Eine junge Mutter zieht mit Mann und Baby nach Westjütland, ins „Land der kurzen Sätze“. Eine einfache Unterhaltung wird für sie zum Wagnis, und das Leben selbst ist auf einmal voller Hindernisse. Mutterschaft, Ehe und Fahrprüfung: alles kaum zu schaffen. Doch als sie Kummerkasten-Redakteurin bei der lokalen Zeitung wird, ändert sich ihr Leben. In Dänemark war »Meter pro Sekunde« der erfolgreichste Roman der letzten Jahre.
Damon Galgut: Das Versprechen
Über den zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht – nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen … Familiengeschichte, die sich über dreißig Jahre des politischen Umbruchs in Südafrika erstreckt – von der Apartheid bis hin zur Demokratie.
Monika Helfer: Löwenherz
Monika Helfer macht aus Lebenserinnerungen Literatur. Nach „Die Bagage“ und „Vati“: der neue Roman um eine Familie aus Vorarlberg. Monika Helfer erinnert sich an ihren Bruder Richard. Seit dem Tod der Mutter wachsen sie und ihre Schwestern getrennt vom kleinen Bruder auf. Sie sehen sich selten, verlieren die Verbindung. Es ist die Zeit des Deutschen Herbstes. Richard ist da bereits ein junger Mann, von Beruf Schriftsetzer. Er ist ein Sonderling, das Leben scheint ihm wenig wichtig. Doch dann überlässt ihm eine verflossene Liebe ein Kind …
Mathijs Deen: Der Holländer
Es soll eine ruhige Fahrt übers Wattenmeer für Geeske Dobbenga werden, doch in der Emsmündung stößt ihr Patrouillenboot auf eine Leiche. Der Tote war Deutscher, und sein Fundort liegt in umstrittenem Grenzgebiet. Während der Streit um die Zuständigkeit beiderseits der Grenze eskaliert und die Fragen rund um den toten Wattwanderer sich häufen, schickt die Bundespolizei See in Cuxhaven heimlich einen Ermittler nach Delfzijl: den Holländer.
Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher
Said Al-Wahid hat seinen Reisepass überall dabei, auch wenn er in Berlin-Neukölln nur in den Supermarkt geht. Als er eines Tages die Nachricht erhält, seine Mutter liege im Sterben, reist er zum ersten Mal seit Jahren in das Land seiner Herkunft. Je näher er seiner in Bagdad verbliebenen Familie kommt, desto tiefer gehen die Erinnerungen zurück, an die Jahre des Ankommens in Deutschland, an die monatelange Flucht und schließlich an die Kindheit im Irak. Welche Erinnerungen fehlen, welche sind erfunden und welche verfälscht?
Roswitha Quadflieg: Ihr wart doch meine Feinde
Ein Kammerspiel. Eine Farce? Eine Satire? Ein ultimativer Kommentar zu einer längst vergangenen Zeit der Bespitzelungen und Denunziationen?
Roswitha Quadflieg erzählt von einem Begräbnis und dem darauf folgenden »Leichenschmaus«, der keiner ist, weil er keiner sein soll. Eine Informantin in Diensten der Staatssicherheit der DDR wird zu Grabe getragen und was dann folgt, ist eine Erzählung in bester dürrenmattscher Diktion: Eine Anhörung unterschiedlichster Meinungen und Kommentare. Und am Ende passiert ein Mord. Warum?